Gib aus deiner Fülle
Ein Gedicht über Selbstfürsorge
Wenn du vernünftig bist,
erweise dich als Schale
und nicht als Kanal,
der fast gleichzeitig
empfängt und weitergibt,
während jene wartet,
bis sie gefüllt ist.
Auf diese Weise gibt sie das,
was bei ihr überfließt,
ohne eigenen Schaden weiter.
Lerne auch du,
nur aus der Fülle auszugießen,
und habe nicht den Wunsch,
freigiebiger zu sein als Gott.
Die Schale ahmt die Quelle nach.
Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist,
strömt sie zum Fluss,
wird sie zur See.
Du tue das Gleiche!
Zuerst anfüllen
und dann ausgießen.
Die gütige und kluge Liebe
ist gewohnt überzuströmen,
nicht auszuströmen.
Ich möchte nicht reich werden,
wenn du dabei leer wirst.
Wenn du nämlich mit dir selber
schlecht umgehst,
wem bist du dann gut?
Wenn du kannst,
hilf mir aus deiner Fülle;
wenn nicht, schone dich.
(Bernhard von Clairvaux ~ um 1090-1153)